Als PFAS, auch bekannt als per- und polyfluoralkylierte Chemikalien, wird eine Gruppe von chemischen Verbindungen bezeichnet, bei denen es sich im Allgemeinen um Kunststoffe handelt, welche sich durch fluorhaltige Kohlenwasserstoffverbindungen auszeichnen. Je nach Quelle geht man heute von über 4.700 bis über 10.0001 Verbindungen aus, die der Gruppe angehören. Zu den bekanntesten Vertretern der Gruppe gehören Kunststoffe unter den Handelsnamen Teflon (PTFE), Viton (FKM), Gore-Tex und Scotchgard.
Die OECD definiert PFAS folgendermaßen:
PFAS sind definiert als fluorierte Stoffe, die mindestens ein vollständig fluoriertes Methyl- oder Methylen-Kohlenstoffatom (ohne daran gebundene H/Cl/Br/I-Atome) enthalten, d. h. bis auf wenige bekannte Ausnahmen ist jeder Stoff mit mindestens einer perfluorierten Methylgruppe (–CF3) oder einer perfluorierten Methylengruppe (–CF2–) ein PFAS.
PFAS-Verbindungen werden seit den späten 1940ern1 in diversen Einsatzbereichen verwendet, da sie aufgrund der extrem hohen chemischen und thermischen Beständigkeit nur schlecht chemische Reaktionen mit anderen Stoffen eingehen, eine geringe Gleitreibung und eine gute Wasserabweisung besitzen. Die gängigsten Einsatzbereiche sind:
- Antihaftbeschichtungen (z. B. Kochgeschirr wie Pfannen)
- Kleidungsstücke
- Teppiche (wasserabweisend)
- Möbel
- Elektronik
- Löschschäume
- Industriechemikalien
- Hochleistungskunststoffe in der Medizin und Industrie
Außerdem kommen PFAS in Produkten vor, welche dem Schutz von Lebensmitteln dienen, wie z. B. in Backpapier oder auch für Trinkhalme aus Papier2 oder Bambus, um zu verhindern, dass das Papier aufweicht.
Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch PFAS
PFAS sind aufgrund ihrer chemischen Struktur, welche sich vorwiegend aus einer Kombination von Kohlenstoff (C), Fluor (F) und Wasserstoff (H) zusammensetzen sehr reaktionsträge. Der Wasserstoff kann bei der Zusammensetzung der Kunststoffmoleküle (Polymere) teilweise oder komplett durch Fluoratome ersetzt werden. Die hohe Elektronegativität von Fluor in Kombination mit Kohlenstoff erzeugt eine extrem starke Verbindung, die sich nur schwer aufbrechen lässt, wodurch chemische Reaktionen stark erschwert werden. Viele Fluorkunststoffe sind beständig gegen starken Säuren und Basen. Dies führt dazu, dass sich PFAS nur sehr langsam (über mehrere 100 Jahre) in der Natur abbauen, wodurch sie sich in der Umwelt und somit auch in den Organismen anreichern, welche PFAS über die Nahrungskette aufnehmen. Sie werden deshalb auch als Ewigkeits-Chemikalien bezeichnet.3
PFAS lassen sich heute bereits fast überall in der Umwelt und in Organismen nachweisen.4 5 6 7 Der Transport der Verbindungen (meist als Nanopartikel oder Staub) erfolgt über die Luft und das Wasser, wodurch nahezu alle Bereiche auf der Erde erreicht werden können. Vor allem kurzkettige PFAS verbreiten sich rasant über diese Wege.
Gesundheitliche Auswirkungen durch PFAS
Es ist noch nicht ganz geklärt, wie sich PFAS auf Organismen auswirken und welche Risiken entstehen.8 Obwohl die Auswirkungen von PFAS bereits seit langem Gegenstand diverser Studien sind, liegen aktuell (2024) noch zu wenige Studien vor, um gesicherte Annahmen über die Auswirkungen in Organismen zu treffen. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass einige, wenn nicht sogar alle PFAS verschiedene Krankheiten begünstigen können und sich auf den Hormonhaushalt im Körper auswirken können. Obwohl die Forschungen hierzu noch laufen, lassen sich bereits einige Risiken benennen. Es ist anzumerken, dass nicht alle PFAS gleich wirken und unterschiedlich vom Organismus aufgenommen und verarbeitet werden. So sind PFOS bioaffiner als PFOA (beides Untergruppen von PFAS), wodurch sie besser vom Organismus aufgenommen werden und sich stärker in Organismen anreichern.
Im Allgemeinen stehen PFAS im Verdacht folgende Auswirkungen auf Organismen zu begünstigen oder auszulösen:
- hohe Gewissheit bei der Entstehung verschiedener Krebsarten wie Nierenkrebs oder Hodenkrebs
- Schilddrüsenerkrankungen
- erhöhter Cholesterinspiegel
- Leberschäden
- Nierenschäden
- bei Schwangerschaften eine verzögerte Brustdrüsenentwicklung, ein geringeres Geburtengewicht und eine verringerte Reaktion auf Impfungen bei Neugeborenen
In einer Studie aus Italien, bei der Regionen in mit PFAS kontaminiertem Trinkwasser mit anderen Regionen ohne kontaminiertem Trinkwasser auf verschiedene Aspekte wie Krebserkrankungen und die Sterblichkeitsrate untersucht wurden, konnte ein statistischer Zusammenhang zwischen Faktoren wie einer höheren Sterblichkeit, dem Auftreten von Diabetes mellitus, Alzheimer und ein erhöhtes Herzinfarktrisiko hergestellt werden, welche in den Untersuchungen signifikant erhöht waren.9
Verbot von PFAS
Als Teil des Europäischen „Green Deal“10 veröffentlichte die Europäische Kommission 2019 ihre Chemikalienstrategie. Diese sieht unter anderem einen schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) in der EU vor. Einige Untergruppen wie etwa PFOA sind bereits seit 2006 in Europa verboten. Seit 2023 gilt das Verbot zudem in einer Vielzahl von weiteren Produkten, wie etwa Löschschaum, Kleidungsstücken, Antihaftbeschichtungen, Teppichen, Möbeln, im Elektronikbereich und in Industriechemikalien. Es ist zu beachten, dass nicht alle Produkte betroffen sind. Einige Kunststoffe lassen sich aufgrund der Anforderungen in der Industrie oder der Medizintechnik nur schwer ersetzen. Hierzu zählen Schläuche oder Dichtungen aus PTFE, FKM oder andere Materialien, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen. Seit 2020 ist allerdings die Verwendung von PFOA in der Herstellung von PTFE verboten.
Obwohl PTFE 2023 noch nicht zu den verbotenen PFAS gehört11, ist ein Ersatz des Kunststoffes oder eine erhebliche Reduktion des Verbrauches unumgänglich, da Umwelt- und Gesundheitsrisiken Vorrang haben. Die EU-Kommission hat bereits vorgeschlagen, weitere kurzkettige PFAS und auch PTFE (Teflon®) zu verbieten. Wann ein Verbot aller PFAS-Verbindungen zu erwarten ist, ist zwar aktuell noch nicht abzusehen, aber durchaus als wahrscheinlich anzusehen.
Welche Alternativen gibt es zu PFAS?
Es gibt bereits eine Vielzahl von Ersatzstoffen, welche ähnliche Eigenschaften aufweisen und häufig als Alternative genutzt werden können. Hierzu zählen z. B. Silikone oder Polyethylen (PE). Polyethylen besitzt anstelle der Fluoratome Wasserstoffatome, wodurch es leichter in der Natur abgebaut werden kann. Für Kochgeschirr ist es aufgrund der geringeren Temperaturbeständigkeit ungeeignet.
In der Dichtungstechnik bietet PE allerdings einen hervorragenden Ersatz für PTFE. Hier kommt vor allem das UHMWPE (Ultra-high-molecular-weight polyethylene) zum einsatz, welches sich durch eine hohe Moleküldichte (längere Molekülketten) und eine hohe Abriebfestigkeit (besser als bei PTFE) auszeichnet und ähnliche Gleitreibungseigenschaften aufweist.12
PFAS aus der Umwelt entfernen
Es wird an Möglichkeiten gearbeitet, bereits vorhandenes PFAS aus der Umwelt zu entfernen. Bei der Abwasserbehandlung erweisen sich erste Versuche mit Nanopartikeln aus Eisenoxid als vielversprechend. Hier werden die Eisenoxid-Nanopartikel so modifiziert, dass sie an der Oberfläche der PFAS-Kunststoffpartikel haften. Anschließend können diese „Klumpen“ über einen Magneten entfernt werden. Die Eisenpartikel lassen sich in einem nächsten Schritt von den PFAS trennen. Dieses Verfahren ermöglicht auch für andere schwer zu entfernende, gesundheitsbeeinträchtigende Stoffe, wie etwa Medikamente, Hormone (z. B. Östrogene), Glyphosat und Weichmacher Potenziale. Die Oberfläche der Eisenpartikel kann mit verschiedenen Molekülen beschichtet werden und je nach Anforderung angepasst werden, um an verschiedene Stoffe anzuhaften.13
Eine weitere Möglichkeit stellt die Photochemische Behandlung in einem Wasseraufbereitungsreaktor, der ultraviolettes Licht (UV-Licht) und Sulfit verwendet dar. Hier werden die PFAS aufgespalten. Durch Zugabe von Iodid wird die Reaktion stark beschleunigt, sodass bereits innerhalb weniger Stunden fast alle PFAS aufgebrochen werden.14
Anmerkung
Bei PFAS handelt es sich lediglich um eine Kunststoffgruppe, die man aufgrund der hohen Lebensdauer der Kunststoffe ausgewählt hat, um hier Beschränkungen oder Verbote selbiger zu erzielen. Es ist allerdings zu beachten, dass alle anderen Kunststoffe nicht automatisch weniger problematisch für Umwelt und Organismen sind. Man kann die Problematik durchaus auf alle Kunststoffe und auch Zusatzstoffe, wie z. B. Weichmacher ausweiten, da Mikroplastik (nicht nur PFAS) bereits heute nahezu weltweit nachweisbar ist und die Folgen für Organismen und Umwelt noch nicht vollständig geklärt und absehbar sind. Diese Problematik wird uns als Gesellschaft auch in Zukunft begleiten und einiges an Kopfzerbrechen abverlangen.
Einzelnachweise
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Was sind per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS)?
- Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): Ewigkeitschemikalien in Trinkhalmen aus Papier
- Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Ewigkeits-Chemikalien PFAS: Wo sie stecken, warum sie problematisch sind
- Annals of Pediatric Endocrinology & Metabolism (apem): Perfluoroalkyl substances exposure and thyroid hormones in humans: epidemiological observations and implications
- ScienceDirect: Regional occurrence of perfluoroalkane substances in human milk for the global monitoring plan under the Stockholm Convention on Persistent Organic Pollutants during 2016–2019
- Umweltbundesamt (UBA): Besorgniserregende Eigenschaften von PFAS
- National Library of Medicine: Per- and Polyfluoroalkyl Substance Toxicity and Human Health Review: Current State of Knowledge and Strategies for Informing Future Research
- Umweltbundesamt (UBA): PFAS sollen EU-weit beschränkt werden
- European Journal of Public Health: Drinking water contamination from perfluoroalkyl substances (PFAS): an ecological mortality study in the Veneto Region, Italy
- Europäische Kommission: Europäischer Grüner Deal
- isgatec.com: PFAS-Regulierungen im größeren Kontext betracht
- bock machining GmbH: PFAS, die Einschränkungen könnten weiter gehen.
- Zweites Deutsches Fernsehen (ZDFheute): Rost kann Schadstoffe aus Trinkwasser filtern
- Chemie.de: PFAS-Chemikalien sind nicht ewig beständig