Nachhaltigkeit – Rohrleitungen aus Kunststoff oder Metall?

Bei der Auswahl von Rohrleitungen spielt neben den Grundbedingungen, wie der Beständigkeit gegenüber des Mediums auch die Nachhaltigkeit eine zunehmend wichtige Rolle. Rohrleitungen werden für den Transport unterschiedlichster, meist flüssiger und gasförmiger Medien eingesetzt, welche die Rohranforderungen definieren. Unterschiedliche Medien stellen dabei differenzierte Bedingungen an das verwendete Material, welches nicht mit dem Medium reagieren und keine Stoffe an das Medium abgeben soll. Zudem spielt bei Rohren aus Kunststoff die Medientemperatur eine wichtige Rolle.

Metallrohre und Betonrohre (Abwasser) finden häufig Anwendung im Rohrleitungsbau, da sie mangels Alternativen über viele Jahre verbaut wurden. Gleichwohl lassen sich viele der vorhandenen Rohrleitungen aus Metall oder anderen Materialien wie Steinzeug oder Beton (Abwasser) häufig auch durch Kunstoffrohre ersetzen bzw. kann bei neuen Projekten direkt auf Rohrleitungen aus Kunststoffen zurückgegriffen werden, welche meist eine nachhaltigere Lösung darstellen. Im Folgenden werde ich auf einige Aspekte eingehen, die die Auswahl der Rohrleitungen mit Fokus auf die Nachhaltigkeit bestimmen.

Um es einfach zu halten werde ich im Allgemeinen von Kunststoffrohren sprechen, obwohl sich diese in sehr vielen Kunststoffvarianten unterteilen lassen, welche alle unterschiedliche Eigenschaften besitzen und je nach Kunststoffart unterschiedlich vorteil- bzw. Nachteilhaft in Bezug auf die Nachhaltigkeit sind.

Generell lässt sich jedoch sagen, dass sich Rohre aus Kunststoff durch eine bessere Nachhaltigkeit als Rohre aus Metallen und anderen Materialien auszeichnen1. Es ist anzumerken, dass der Recyclingprozess eine tragende Rolle bei der Nachhaltigkeit spielt und das richtige Entsorgen der Rohrleitungen einen starken Einfluss auf die Gesamtbetrachtung der Nachhaltigkeit haben kann. Dies beschränkt sich nicht auf Rohrleitungen, sondern gilt generell für alle Rohstoffe und Produkte. Zudem können fast alle Kunststoffe, welche in die Umwelt gelangen langfristig Probleme mit sich bringen.

So können Mikropartikel (Mikroplastik) entstehen, welche in die Nahrungskette gelangen, Schäden bei diversen Lebewesen verursachen. Schwer abbaubare Kunststoffe, wie PFAS oder Zusätze, wie Weichmacher können ebenfalls über die Nahrungskette aufgenommen werden und zu Krebs oder Genveränderungen bei Lebewesen beitragen2.

Für viele dieser Stoffe gibt es seit einiger Zeit Richtlinien und Verbote, die einen übermäßigen Eintrag in die Umwelt vermeiden sollen. Als Grundlage dient der EU-Green-Deal3, welcher unter anderem einen schrittweisen Ausstieg aus verschiedenen Kunststoffen (z. B. PFAS) und anderen Chemikalien anstrebt.

Warum sind Kunststoffrohre nachhaltiger als Steinzeug-, Beton oder Metallrohre?

Kunststoffrohre zeichnen sich durch ein geringes Gewicht, eine hohe chemische Beständigkeit (praktisch korrosionsfrei), eine einfache Verarbeitbarkeit und eine gute Verformbarkeit aus, welche die negativen Aspekte häufig überwiegen. Die Produktion durch Spritzgießen oder Extrudieren erfordert verhältnismäßig wenig Energie, da die Kunststoffe bei viel geringeren Temperaturen geschmolzen werden können als Metalle. Für hohe Temperaturen und hohe Drücke sind Metallrohre allerdings die bessere Wahl, da diese sich nicht so schnell verformen.

Die meisten Kunststoffrohre können für 50 Jahre und mehr verwendet werden4, während Metallrohre häufig schon nach etwa 30 Jahren5 aufgrund von Korrosion ausgetauscht werden müssen.

Das geringe Gewicht sorgt für weniger Emissionen beim Transport und auf der Baustelle, da viele Rohre händisch verlegt werden können, ohne zusätzliche Maschinen zu benötigen.

Kunststoffrohre besitzen in der Regel eine viel glattere Innenwand als Metallrohre, wodurch Pumpenleistung beim Betrieb eingespart werden kann.

Nachhaltigkeit verschiedener Materialien genauer betrachtet

Rohrleitungen sind essenzielle Bestandteile moderner Infrastruktur, die für den Transport von Wasser, Abwasser, Gase und anderen Flüssigkeiten genutzt werden. Die Wahl des richtigen Materials für Rohrleitungen hat nicht nur technische und wirtschaftliche, sondern auch ökologische Auswirkungen. Im Folgenden gehe ich gezielt auf einige Nachhaltigkeitsaspekte verschiedener Rohrmaterialien ein, darunter verschiedene Kunststoffe, Beton und Metalle. Dabei werden die Vor- und Nachteile jedes Materials im Hinblick auf die Umweltfreundlichkeit bzw. Umweltverträglichkeit, Langlebigkeit und Ressourceneffizienz betrachtet.

Kunststoffrohre

Gerade in Spezialanwendungen wie der chemischen Prozessindustrie und der Medizintechnik sind Kunststoffe kaum noch wegzudenken. Kunststoffrohre, insbesondere solche aus Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) und Polypropylen (PP), sind aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Kosteneffizienz weit verbreitet, weshalb ich mich auf diese drei Kunststoffarten beschränke.

Polyethylen (PE)

Vorteile:

  • PE-Rohre haben eine hohe Lebensdauer von bis zu 100 Jahren4, 6 im Bereich der Trinkwasserversorgung und bei anderen nicht aggressiven Medien.
  • PE ist resistent gegenüber chemischen und elektrochemischen Einflüssen.
  • PE-Rohre sind flexibel und können sich an Bodenbewegungen anpassen, was die Gefahr von Brüchen minimiert.
  • PE ist vollständig recycelbar. Bei jedem Recyclingschritt entstehen Verunreinigungen, sodass das Recycling nur zu niederen Produkten erfolgen kann.7, 8
  • PE ist ein leichter Kunststoff, der sich bei kleinen Durchmessern bis 75 mm leicht händisch verarbeiten lässt.

Nachteile:

  • Die Produktion von PE erfordert eine erhebliche Menge an Energie.
  • PE wird aus Erdöl hergestellt, dessen Förderung und Verarbeitung Umweltauswirkungen hat. Der Kohlenstoff ist zunächst im Kunststoff gebunden, wird aber in Müllverbrennungsanlagen freigesetzt.
  • Bei der Herstellung und Verarbeitung entsteht Mikroplastik, welches in die Umwelt gelangen kann.

Polyvinylchlorid (PVC)

Vorteile:

  • PVC-Rohre halten bis zu 50 Jahre oder länger.
  • PVC ist unempfindlich gegenüber vielen Chemikalien.
  • PVC-Rohre sind oft günstiger als ihre Metall- oder Beton-Pendants.
  • PVC-Rohre besitzen ein geringeres Gewicht als Metallrohre und lassen sich leichter verarbeiten.

Nachteile:

  • PVC-Rohre enthalten oft Zusatzstoffe, wie z. B. Stabilisatoren, die problematisch für die Umwelt sein können.
  • Das Recycling von PVC ist aufgrund der enthaltenen Additive kompliziert, weshalb PVC häufig lediglich thermisch verwertet wird (Müllverbrennungsanlagen).
  • Bei der Herstellung und Verarbeitung entsteht Mikroplastik, welches in die Umwelt gelangen kann.

Polypropylen (PP)

Vorteile:

  • PP kann Temperaturen von bis zu 100°C standhalten.
  • PP-Rohre sind leicht und einfach zu transportieren und zu installieren.
  • PP ist gegen viele chemische Substanzen resistent.

Nachteile:

  • Wie bei PE erfordert auch die Produktion von PP viel Energie.
  • Auch PP wird aus Erdöl gewonnen, welches bei der Verbrennung das CO2 in die Atmosphäre abgibgt.
  • Bei der Herstellung und Verarbeitung entsteht Mikroplastik, welches in die Umwelt gelangen kann.

Betonrohre:

Betonrohre werden vor allem im Abwasser- und Regenwasserbereich eingesetzt. Sie bieten einige ökologische und technische Vorteile, aber auch Herausforderungen.

Vorteile:

  • Betonrohre sind extrem druckbeständig und eignen sich daher für große Belastungen.
  • Beton hat eine lange Lebensdauer und ist beständig gegen chemische Angriffe.
  • Die Hauptbestandteile von Beton, Zement, Sand und Kies, sind in vielen Regionen lokal verfügbar.

Nachteile:

  • Die Herstellung von Zement, dem Hauptbestandteil von Beton, ist für etwa 8 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.9 Es gibt bereits einige alternative Herstellungsverfahren, die die CO2-Emission verringern.
  • Betonrohre sind schwer und verursachen hohe Transport- und Installationskosten und CO2-Emissionen.

Metallrohre:

Metallrohre, insbesondere solche aus Stahl, Gusseisen und Kupfer, bieten hohe Festigkeit und Langlebigkeit, haben aber ebenfalls spezifische Nachhaltigkeitsaspekte. Metallrohre zeichnen sich häufig durch eine gute Recycelbarkeit aus, benötigen jedoch sehr viel Energie bei der Herstellung, beim Transport und bei der Installation, was sich wiederum ungünstig auf die Nachhaltigkeit auswirkt.

Stahlrohre

Vorteile:

  • Stahlrohre können hohen Drücken und Temperaturen standhalten.
  • Stahl ist zu 100 % recycelbar, ohne Qualitätsverlust.10 Hierdurch wird bei jedem Recyclingzyklus die Nachhaltigkeit, betrachtet auf die Gesamtbilanz inkl. Gewinnung des Ausgangsmaterials, verbessert.
  • Stahlrohre haben eine hohe Lebensdauer, besonders wenn sie richtig gewartet werden. Hier ist allerdings auf die Stahllegierungen zu achten, welche sich in ihrer Korrosionsbeständigkeit stark unterscheiden können.

Nachteile:

  • Manche Stahllegierungen müssen gegen Korrosion geschützt werden (z. B. Verzinken), was zusätzliche Ressourcen erfordert.
  • Die Stahlproduktion ist energieintensiv und verursacht erhebliche CO2-Emissionen.
  • Der Transport benötigt aufgrund des hohen Gewichts viel Energie.
  • Bei großen Rohrleitungen müssen zusätzlich Maschinen und Kräne vor Ort eingesetzt werden, was die Nachhaltigkeit beeinträchtigt.

Gusseisenrohre

Vorteile:

  • Gusseisenrohre (nicht legiert) können über 20 Jahre halten. Bei Gasen auch bis zu 100 Jahre. Duktiles Gusseisen (mit kugelförmigen Kohlenstoff) hat sogar eine noch höhere Lebensdauer.11
  • Gusseisen ist leicht recycelbar.
  • Gusseisen dämpft Schall und Vibrationen besser als viele andere Materialien.

Nachteile:

  • Gusseisenrohre sind schwer und schwer zu handhaben.
  • Wie Stahl muss auch Gusseisen vor Korrosion geschützt werden. Meist kommt eine zusätzliche Zinkschicht zum Einsatz. Das Verzinken ist relativ Energieintensiv.

Kupferrohre

Vorteile:

  • Kupfer hat natürliche antibakterielle Eigenschaften, die das Wachstum von Mikroorganismen hemmen. Dies gilt auch in geringerem Umfang für Kupferlegierungen wie z. B. Messing oder Bronze. Die antibakterielle Wirkung nimmt häufig nach einiger Zeit ab.12
  • Kupfer ist zu nahezu 100 % recycelbar. In Europa stammen etwa 50 % des Kupfers aus recyceltem Material. Recyceltes Kupfer benötigt etwa 85 % weniger Energie, als neu gewonnenes Kupfer13.
  • Kupferrohre können mehrere Jahrzehnte halten.

Nachteile:

  • Kupfer ist teurer als die meisten anderen Rohrmaterialien.
  • Der Abbau von neuem Kupfer hat erhebliche Umweltauswirkungen, einschließlich Landschaftsschäden und Wasserverbrauch.

Vergleich der Lebenszyklusanalysen (LCA)

Um die Nachhaltigkeit von Rohrleitungsmaterialien zu beurteilen, sind Lebenszyklusanalysen (LCA) ein wertvolles Instrument. Diese Analysen berücksichtigen alle Phasen eines Produktlebenszyklus: Rohstoffgewinnung, Herstellung, Transport, Nutzung, Wartung und Entsorgung oder Recycling.

Lebenszyklusanalysen stellen ein aufwendiges Unterfangen dar, weshalb viele Studien in diesem Bereich mit geschätzten Daten arbeiten. Zudem sind einige Daten bereits mehrere Jahre alt und haben sich im Laufe der Zeit geändert. So macht etwa der erneuerbare Anteil der Energien heute einen größeren Anteil aus, als noch vor einigen Jahren. Mit zunehmender Datenmenge und aktualleren Daten werden die Lebenszyklusanalysen der Endprodukte zunehmend genauer. Dennoch bieten diese Analysen einen ungefähren Anhaltspunkt für eine erste Einschätzung der Umweltauswirkung unterschiedlicher Materialien.

Kunststoffrohre

LCA-Studien haben gezeigt, dass Kunststoffrohre, insbesondere PE und PP, aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer langen Lebensdauer, trotz des hohen Energieverbrauchs bei der Herstellung, insgesamt eine günstige ökologische Bilanz aufweisen können. Die vollständige Recyclingfähigkeit (vorallem von PP und PE) trägt ebenfalls positiv zur Nachhaltigkeit bei. Ein Nachteil aller Kunststoffe ist die Entwicklung von Mikroplastik, welches erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und Organismen haben kann. Hier müssen Lösungen gefunden werden, um zu vermeiden, dass Kunststoffe in die Umwelt gelangen. 2024 wurden Global betrachtet nur etwa 10 % aller Kunststoffabfälle recycelt (Deutschlandweit ca. ein Drittel).14 Es ist also noch Luft nach oben.

Betonrohre

Die LCA von Betonrohren wird stark durch die hohen CO2-Emissionen bei der Zementproduktion belastet. Die lange Lebensdauer und die Möglichkeit der Verwendung von recyceltem Beton können jedoch die Gesamtbilanz verbessern.15 Regional produzierte Betonrohre können durch die Reduzierung von Transportemissionen punkten.

Metallrohre

Die LCA von Metallrohren, insbesondere Stahl- und Kupferrohren, zeigt eine hohe Energieintensität bei der Produktion. Allerdings kann die nahezu vollständige Recyclingfähigkeit von Metallen die Umweltauswirkungen erheblich mindern. Bei richtiger Wartung und langer Lebensdauer können die ökologischen Kosten weiter gesenkt werden. Hier bieten bereits einige spannende Projekte eine Möglichkeit der Dekarbonisierung, also der Vermeidung von Fossielen Rohstoffen wie z. B. Kohle oder Gas bei der Herstellung, indem vermehrt auf Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen gesetzt wird. Dies kann entscheidend zu einem besseren Lebenszyklus von Rohrleitungen aus Metallen führen.16

Einzelnachweise

  1. Georg Fischer Piping Systems – gfps.com: Lebenszyklusanalysen und Umweltdeklarationen für Produkte
  2. Umweltbundesamt (UBA): PFAS sollen EU-weit beschränkt werden
  3. Europäische Kommission: Europäischer Grüner Deal
  4. TEPPFA – teppfa.eu: Meta-study 100 years of lifetime of plastic pipes
  5. ÖKOBAUDAT – oekobaudat.de: Prozess-Datensatz: Stahlrohr (de)
  6. egeplast international GmbH – egeplast.de: 100 Jahre Lebensdauer
  7. wienerberger.com: Recycling bei Pipelife: Neues Leben für Kunststoffrohre
  8. B_I MEDIEN GmbH – bi-medien.de: Kunststoffrohr-Recycling – Status quo und Zukunftsbetrachtung
  9. Bayerischer Rundfunk (ARD Alpha) – ardalpha.de: Beton – Wege zu einer besseren Klimabilanz
  10. RIVA Stahl GmbH – rivastahl.com: Recyclingweltmeister Stahl
  11. European Association for Ductile Iron Pipe Systems (EADIPS) Fachgemeinschaft Guss-Rohrsysteme (FGR) e.V. – eadips.org (PDF): Guss-Rohrsysteme
  12. The Royal Society of Chemistry – pubs.rsc.org: The role of surface copper content on biofilm formation by drinking water bacteria
  13. Kupferverband e.V. – kupfer.de: Ressourcenschonung dank Recycling
  14. PlasticsEurope Deutschland e.V. – plasticseurope.org: Wie recycelt man komplexe Kunststoffabfälle?
  15. KIT – Karlsruher Institut für Technologie: 21 Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für ganzheitliches Betonrecycling
  16. World Steel Association AISBL – worldsteel.org: Hydrogen (H2)-based ironmaking